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Skulptur des Wortes / Hildesheim

Skulptur des Wortes / Hildesheim
Andreasplatz (Nordseite)
31134 Hildesheim


Allgemeine Informationen

Seit dem 22. März 2015 steht die Skulptur des Wortes auf dem nördlichen Andreasplatz. Der Initiativkreis Bürgergeschenk Hildesheim 1200 übergab sie der Stadt zum 1200-jährigen Stadtjubiläum, erinnerte aber mit dem Tag der Enthüllung an die fast völlige Zerstörung der Altstadt vor 70 Jahren am 22. März 1945.

Bereits 2007 war die Idee entstanden. Von Beginn an war der Liebenburger Künstler Gerd Winner an der Projektentwicklung beteiligt.

Die Skulptur des Wortes ist eine 6 Meter hohe und 5,7 Tonnen schwere, zur Kirche offene Pyramide aus fünf Zentimeter dickem Stahl mit einer unteren Kantenlänge von etwa 3,5 Meter. Sie enthält aufsteigend von links unten nach rechts oben 720 Zeichen des Prologs des Johannes-Evangeliums (1, 1–5, 9–14 (14. Vers ohne „die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit“) in der Einheitsübersetzung von 1980:

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. 
Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt
er kannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen.

Die Wörter Kinder, Gottes und Herrlichkeit sind durch Vergoldung hervorgehoben. Statt ERKANNTE steht ER KANNTE auf dem Denkmal.

Der Sprecher des Initiativkreises, der frühere HAZ-Chefredakteur Dr. Hartmut Reichardt, sah die Skulptur als neuzeitliche Interpretation des Geschehens. Anders als Bernward, der es mit Figuren anschaulich machte, setze Winner auf die Ausdruckskraft des Wortes. Gerd Winner erinnerte daran, dass die Pyramide auf dem früheren Friedhof der Andreaskirche stehe. Gottes Wort durchbreche den Stahl.
Die 720 Buchstaben und Satzzeichen ließ Winner in der Deumu (Deutsche Erz- und Metall-Union), einer Tochter der Salzgitter AG, mit einer computergesteuerten Autogenbrennmaschine ausschneiden. Der Initiativkreis bot die Stahllettern den Spendern an, die sich mit mindestens 150 Euro an der Finanzierung der etwa 150.000 Euro teuren Skulptur beteiligten.
Der Rat der Stadt Hildesheim nahm das Geschenk des Initiativkreises an und übergab es der St.-Andreas-Gemeinde als Dauerleihgabe.

Der bildende Künstler Gerd Winner (geb. 8. Oktober 1936 in Braunschweig) studierte von 1956 bis 1962 Malerei an der Hochschule für bildende Künste in Berlin, wurde 1961/62 Meisterschüler von Werner Volkert, und lebte seither als freier Maler und Grafiker in Berlin, Braunschweig und London. Von  1975–2002 hatte er den Lehrstuhl für Malerei und Graphik an der Staatlichen Akademie für Bildende Künste, München inne. 2000 gestaltete er die Gedenkstätte Haus der Stille in Bergen Belsen.
Winner wohnt und wirkt seit 1974 im Barockschloss in Liebenburg. 2011 ernannte ihn Liebenburg zum Ehrenbürger.
In Hildesheim kuratiert Gerd Winner den Aschermittwoch der Künstler des Hildesheimer Bischofs. In der Kleinen Annenkapelle erinnert eine Glas-Skulptur mit dem Titel 22. März 1945 an den zerbombten, ausgebrannten Dom. Das Werk besteht aus zwei hintereinander angeordneten Glasbildern, die den Mariendom unmittelbar nach der Zerstörung darstellen. Als Grundlage für seine Arbeit nutzte Winner eine historische Fotografie von Hermann Wehmeyer. Zwischen den beiden Glasbildern befindet sich eine bei der Bombardierung in Mitleidenschaft gezogene hölzerne Madonna aus dem späten Mittelalter, die zur künstlerischen Ausstattung des Doms gehört.

Hartmut Reichardt, Konrad Krüger (Herausgeber), Skulptur des Wortes: Dokumentation zur Entstehung und Übergabe des „Bürgergeschenkes HI 1200“, Hildesheim 2015, 28 Seiten.
HAZ v. 2.8.2014, 12.8.2014, 19.11.2014, 10.12.2014, 5.3.2015, 23.3.2015.

Text und Foto: Hartmut Häger