Inhalt

Geschichte


Geschichtliches

Volkersheim verdankt seinen Namen vermutlich einem Mann namens Volker, der das erste Gehöft hier errichtete und sein Heim nannte. Mit dieser Bezeichnung gehört der Ort zu der Gruppe von „Heimsiedlungen“ und damit zu den ältesten Siedlungen des Ambergau. Er wird bereits 1131 in einer Urkunde zur Klostergründung Backenrode bei Hildesheim, dem heutigen Marienrode erwähnt – ein Straßenname im Ort erinnert an diese Verbindung. 1143 tauchte er schon unter seinem noch heute bestehenden Namen in einer Urkunde des Klosters Derneburg auf, aber auch die Schreibweisen Volquersem, Volkersem und Volkersum wurden in anderen Urkunden verwendet. Über Besitz in Volkersheim verfügten außerdem das Michaeliskloster in Hildesheim, die Familie von Wallmoden, die Grafen von Wohldenberg und die Ritter von Cramm.

Ab dem 15. Jh. wurde die Geschichte des Dorfes stark durch dieses Adelsgeschlecht geprägt. 1476 wurden die Herren von Cramm von Herzog Wilhelm d. Ä. mit dem Vollbesitz der Dörfer Volkersheim und Tellhausen, das heute nicht mehr existiert, belehnt.

Ende des 16. Jh. wandelte sich Volkersheim durch die Gründung zweier Adelshöfe, den Ober- und Unterhof, von einem Bauerndorf zu einem Gutsdorf. Hierfür übernahmen die von Cramm fünf der zu dieser Zeit bestehenden sechs Ackerhöfe und teilten sie den beiden Gutshöfen zu. Nur einer der bisherigen Ackerhöfe blieb als eigenständig bestehen, der heutige Hof Lange, den die beiden folgenden Abbildungen zeigen. Dieser und kleinere Höfe hatten den Gutsherren Hand- und Spanndienste sowie Botendienste bis zu einer Entfernung von 30 km zu leisten.

1611 entstand unter Heinrich von Cramm auf dem Unterhof der erste Adelssitz, 75 Jahre später ein weiterer auf dem Oberhof, den die folgende Abbildung zeigt.

Diesen nutzte ein anderer Zweig der Adelsfamilie, nachdem man zunächst im Bergfrieden, dem alten Gerichtsgebäude neben der Kirche, residiert hatte. Bereits seit 1655 lag die Gerichtsbarkeit über Dorf- und Feldmark sowie ein für Volkersheim besonderes Hägegericht in den Händen der Adelsfamilie, außerdem das Brau- und Krugrecht. Noch weiter zurück liegen die Anfänge der ersten Volkersheimer Ziegelei, die die Gutsherren seit 1564 bis 1787 betrieben. Einer ausführlichen Dorfbeschreibung aus dem Jahre 1761 zufolge erweist nach Einschätzung Manfred Klaubes Volkersheim ausgangs des 18. Jahrhunderts bezogen auf seine wirtschaftliche und soziale Struktur als das am weitgehend differenzierte dörfliche Gemeinwesen im Ambergau. Seine relativ hohe Entwicklung ist das Ergebnis der wirtschaftlichen Aktivitäten der beiden Grundherren, die sowohl in der Ortschaft selber als auch in der Flur und in der Waldung alle wichtigen Gerechtigkeiten innehaben.  Zugleich ist Volkersheim neben Werder das einzige Gutsdorf im Ambergau, unterscheidet sich von diesem aber dadurch, dass in ihm der Grundherr auf einem Adelshof seinen herrschaftlichen Besitz hat und nahm somit unter den Ambergaudörfern in der Zeitspanne zwischen dem 15./16. bis zum 19. Jh. eine Sonderstellung ein.

1794 vereinigte August Adolf von Cramm beide Adelsgüter in Volkersheim und gab den Bau eines Schlosses auf dem Unterhof in Auftrag. Es wird heute jedoch nicht mehr als Wohnsitz der Adelsfamilie genutzt.

Letzte Besitzer der Familie von Cramm waren im 19. Jh. Albert und seine Frau Clara, geb. Krosigh. Da ihre Ehe kinderlos blieb, adoptierte das Ehepaar eine Nichte Claras, Hedwig Krosigh. Diese heiratete 1847 Albrecht Wilhelm Boris von Gadenstedt, der aber schon früh verstarb und daher nie in den Besitz des Gutes kam. Nach dem Tod ihres Adoptivvaters im Jahre 1885 übertrug Hedwig ihrem Sohn Albrecht Wilhelm Gustav von Gadenstedt das Rittergut Volkersheim. Seitdem ist der Name von Cramm in Volkersheim verschwunden.

Dass das Verhältnis zwischen den Volkersheimern und ihren Lehnsherren von Cramm aber nicht immer einvernehmlich war, zeigt ein Blick zurück auf einen sich über drei Jahrhunderte erstreckenden Streit um die Nutzungsrechte am Volkersheimer Wald. Die Dorfbewohner hatten seit jeher das Recht, den Wald als Viehweide und zur Holzbeschaffung zu nutzen. Als Holz jedoch zunehmend durch Schiffs- und Städtebau an Bedeutung gewann und zur Handelsware wurde, übernahm der Staat im Jahre 1547 die Forstaufsicht. Diese wurde in Volkersheim zwar den Herren von Cramm übertragen, das Nutzungsrecht des Waldes für die Bevölkerung blieb dadurch aber unangetastet. Dennoch versuchten die Lehnsherren den Gemeindeforst in ihren Besitz zu bringen. Immer wieder wurden den im Dorf lebenden Menschen ihre Rechte an Bau- und Brennholz verweigert oder diese im Falle des Verkaufes von Häusern dazu verpflichtet, ein Drittel des Verkaufserlöses an die Familie von Cramm zu entrichten, da diese einst das Bauholz geliefert hatte.

Mehrfach kam es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Volkersheimern und der Familie von Cramm, wobei die Dorfbevölkerung in ihren Rechten bestätigt wurde. Der letzte „große Kampf um den Volkersheimer Wald“ begann nach Berichten von Heinrich Bothe in der Chronik seines Ortes im Jahre 1851 und „nach sieben Jahren entschied das Gericht in Gandersheim, dass Landrat von Cramm verpflichtet sei, der dortigen Gemeinde (...) aus den „Gutsforsten“ bei allen erforderlichen Neubauten und Reparaturen das gesamte Bauholz und nötige Brennholz gegen Erstattung der Bereitelöhne forstzinsfrei zu liefern. Von Cramm gab nicht nach und siegte zuletzt. Nach elfjähriger Dauer endete 1861 die Holzberechtigungsklage für die Gemeinde mit einem mageren Vergleich. (...) Mit einer Ablösesumme von 3.000 Thalern, die v. Cramm an die Gemeinde zahlte, wurden die alten Holzrechte begraben.“

Nach der Aufhebung der Herrendienste an die Lehnsherren und das Ende der Zahlungen an umliegende Klöster und Stifte ging das bis dahin als Lehen vergebene Land Ende des 19. Jh. in das Eigentum der Bauern über und die Landwirtschaft erlebte einen Aufschwung. Auch zahlreiche Handwerksbetriebe wie Schuster, Schneider, Schmiede, Tischler, Stellmacher, Zimmerleute und Maurer profitieren in Volkersheim von der durchgeführten Land- und Bodenreform und dem Entstehen einiger Industriebetriebe insbesondere im nahegelegenen Bockenem.

Heute ist Volkersheim mit gut 800 Einwohnern jedoch kein vorwiegend landwirtschaftlicher Ort mehr und die ehemals profitablen Handwerksbetriebe sind verschwunden. Von ehemals zwei Sägewerken ist noch eines in Betrieb. Auch die Mühle von Volkersheim, die heute ohne Flügel dasteht, leistet keine Dienste mehr. An die Bedeutung dieser Mühle erinnern die Volkersheimer jedoch noch in ihrem Dorfwappen: Vor gelbem und blauem Hintergrund prangt die Mühle, so rot wie ihr Original, hier aber natürlich mit Flügeln.

Für einen Einschnitt im buchstäblichen Sinne sorgte der Bau der Autobahn 7. Seit Dezember 1960 führt diese zwischen Kempen/Allgäu und Flensburg direkt an Volkersheim vorbei und durchschneidet die Volkersheimer Feldmark. Über einige Jahre beherbergten zahlreiche Familien in Volkersheim und den Nachbardörfern die beim Autobahnbau beschäftigten Mitarbeiter und verdiente sich so die eine oder andere Mark dazu.

Die Zufahrt zur Autobahn ist innerhalb weniger Minuten über die Anschlussstelle „Bockenem“ zu erreichen, was nicht nur für die überwiegend außerhalb ihres Wohnortes berufstätigen Volkersheimer von großem Vorteil ist. Die Entfernungen zu den Nachbarorten Schlewecke im Norden und Mahlum im Süden sowie zum Gemeindemittelpunkt Bockenem, zu dem Volkersheim seit 1974 mit 17 weiteren Ortsteilen gehört, betragen jeweils nur etwa zwei Kilometer.


Historische Baulichkeiten

St.-Georg-Kirche

Zu finden: Hainbergstr.

In einer Urkunde der Stadt Bockenem aus dem Jahre 1338 wird erstmals eine Kirche in Volkersheim erwähnt. Die Kirchengemeinde hatte aber zu dieser Zeit keinen eigenen Pfarrer und wurde bis 1611 als Filialkirche von St. Pankratius in Bockenem betreut. Die dem Hl. Georg geweihte Kirche von Volkersheim wird in Aufzeichnungen aus dem Jahre 1746 als „ehedem ... geringe und schlechte (schlichte) Capelle“ bezeichnet, „von deren Fundation (Gründung, Anm. d. Red.) gar keine Nachricht vorhanden“ ist. Patrone der Kirche waren die Gutsherren von Cramm und deren Nachfolger, die Familie von Gadenstedt, die das Patronat noch bis zum Jahr 2018 inne hatten.

Die Entwicklung der Kirche, des Dorfes und der Schule wurden stark durch den Einfluss der Adelsfamilie geprägt und gelenkt, ihr Interesse an der Kirche war vor 1600 noch gering. Erst mit den Planungen zur Gründung der Adelshöfe und der Wohnsitznahme der Familie von Cramm in Volkersheim setzte diese sich auch für die Kirche ein und nahm Erneuerungs- und Erweiterungsmaßnahmen vor.

1590 ließen die von Cramm eine neue Kapelle errichten und sieben Jahre später noch einmal erweitern. 1599 erhielt die Kirche einen neuen Turm. In seinem Aufsatz über die Geschichte der Volkersheimer Kirche erwähnt Heinrich Bothe die Neuanschaffung eines Uhrwerkes mit Zeiger, da die Sonnenuhr aus dem Jahre 1584 nicht immer die genaue Uhrzeit angezeigte. An der Uhrzeit war der Gutsherr immer stark interessiert, damit der Schullehrer wegen der Herrendienste auf den Höfen pünktlich läuten konnte. Beide Uhren sind noch heute am Kirchturm zu sehen.

Das Erscheinungsbild von St. Georg hat sich in den darauf folgenden Jahrhunderten stark verändert. Nach Umbaumaßnahmen in den Jahren 1661 und 1694 und Renovierungen in 1932 und 1982 hat die Kirche nur noch einen Eingang über den Turm im Westen, alte niedrige und zugemauerte Pforten sind aber noch gut zu erkennen und die Kapelle hebt sich ... in den Umfassungsmauern der Kirche heute noch deutlich ab.

Die Volkersheimer Kirche ist ein einfacher, verputzter und schlichter Saalbau, dessen Kirchenschiff durch eine Öffnung mit Spitzbogen zum Westturm Verbindung hat. In Nord- und Südwand der Kirche und im Turm befinden sich gekuppelte Rundbogenfenster aus dem Jahre 1608, die später zum Teil nach unten verlängert wurden. Die beiden Fenster im Altarraum sind im Gegensatz zu allen anderen farbig gestaltet. Es sind Stiftungen Viktoria von Gadenstedts und ihres Sohnes Burghard aus dem Jahre 1933, die sie im Andenken an den Ehemann bzw. Vater Albrecht von Gadenstedt einsetzen ließen. Im Fenster auf der linken Seite sind verschiedene Familienwappen zu erkennen, das rechteckige Fenster auf der Südseite erinnert an verdiente Pastoren und Opfermänner der Gemeinde. 

Ursprünglich standen im Altarraum nach oben geschlossene Kirchengestühle, sogenannte Priechen, in denen auf der rechten Seite des Altars die Adelsfamilie von Cramm und später die Familie von Gadenstedt, ihnen gegenüber auf der linken Seite deren Bedienstete (Diener, Kutscher, Inspektor, Förster, Gärtner) ihre Plätze hatten. Im Rahmen von Renovierungsarbeiten im Jahre 1938 wurde der obere Aufbau der Priechen abgenommen und die Bänke aus dem Altarraum entfernt. Eine Tafel an der rechten Wand mit der Aufschrift „An diesem Platz saß er allsonntäglich“ erinnert noch heute an den angestammten Platz des Kirchenpatrons. Er hatte vom Kirchhof aus direkten Zugang zu diesem Platz. Die kleine Tür wurde später zugemauert, ist aber noch heute von außen als bogenförmige Türöffnung gut zu erkennen.

Einziger Schmuck der Kirchenwände sind die hölzerne Darstellung des Hl. Georg an der südlichen und eine Abendmahlsdarstellung an der nördlichen Wand, letztere eine Stiftung Edith von Gadenstedts im Jahre 1990. Die Altar-Kanzel-Wand stammt aus dem 19. Jh., auf der auf Konsolsteinen liegenden Westempore steht ein spätklassizistischer Orgelprospekt aus dem Jahre 1879. Die Orgel stammt, wie viele andere im Hildesheimer Raum, aus der Werkstatt des Orgelbauers Furtwängler aus Elze.

Die Gruft unter dem Altarraum wurde bereits im Jahre 1861 geschlossen und durch ein Mausoleum auf dem Kirchhof ersetzt. Im Rahmen späterer Umgestaltungsmaßnahmen wurden auch die Grabplatten unter Altar und Turm entfernt. Eine dieser Platten ist aber erhalten geblieben und wurde 2000 aus dem südlichen Kirchenschiff neben dem Eingang im Turm versetzt. Es ist der Grabstein von Lucia Maria Gänsin, die 1664 als eine Nachkommin der Familie von Cramm geboren war und im Alter von 22 Jahren nach der Geburt ihres ersten Kindes verstarb. Ihre Grabplatte aus Stein ist reich verziert und beschriftet, Text und Wappen werden auf einer daneben angebrachten Tafel wiedergegeben und erläutert.

Auch ein alter Opferstock aus dunklem Eichenholz aus dem Jahre 1640 mit handgeschmiedeten Eisenbeschlägen und Nägeln hat im Turmeingang seinen Platz.

Hier erfährt man außerdem Näheres über die beiden Eisenhartguss-Glocken von St. Georg, die aus der Bockenemer Werkstatt Weule stammten und 1948 von Familie von Gadenstedt in Erinnerung an den im 2. Weltkrieg gefallenen Burckardt von Gadenstedt gestiftet wurden. Beide Glocken wurden 2013 gegen Bronzeglocken ausgetauscht und sind heute im Turmuhrenmuseum in Bockenem zu sehen. In der Kirche verblieben die Spenderplatten, die ursprünglich am Glockenjoch befestigt waren, und der Klöppel einer der beiden Glocken.

Die älteste Bronzeglocke im Turm der Volkersheimer Kirche ist heute eine kleine, 1670 gegossene und 1853 umgegossene Läuteglocke. 1917 war sie zu Kriegszwecken an den Staat abgegeben worden, wurde aber nicht mehr eingeschmolzen und landete auf dem Glockenfriedhof in Hamburg. Von dort kaufte die Gemeinde sie 1919 zurück und brachte sie wieder an ihren Platz im Turm.

Altes Pfarrhaus

Zu finden: Georgsberg

Das erste Pfarrhaus erhielt Volkersheim im Jahre 1610. Es war ein Bauernhaus, zu dem eine Scheune und mehrere Viehställe, ein eigener Brunnen und ein Garten gehörten. Da ein Pfarrer zu dieser Zeit kein festes Gehalt bezog, musste er neben seiner seelsorgerischen Tätigkeit Ackerbau betreiben, um den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu sichern. Darüber hinaus erhielt er Zinsen von Stiftungen, Abgaben der Dorfbewohner, Sondergebühren für Amtshandlungen und andere Entlohnungen, die in einer Urkunde aus dem Jahre 1610 genau festgehalten waren.

Dieses Pfarrhaus muss sich im Laufe der Zeit jedoch in einem sehr schlechten und schließlich unbewohnbaren Zustand befunden haben, denn in einem Kirchenprotokoll wurde festgehalten, dass seit 1807 ... kein Pfarrer mehr in dem alten Pfarrhaus wohnen konnte. Er verlegte seine Wohnung auf den Oberhof. Doch von 1819 bis 1837 hat Volkersheim wegen Mangel an einer Wohnung keinen Pfarrer, von 1818 bis 1822 wird ein Prozess um die Aufbringung der Baukosten geführt. Der tiefe Gegensatz zwischen Gut und Gemeinde, der in dem großen Rechtsstreit um den Wald besonders scharf hervortritt, wirkt sich auch auf kirchlichem Gebiet aus. Nach jahrzehntelangem Streit wird der Bau des neuen Pfarrhauses im Jahre 1840 endlich vollendet. Dieses steht noch heute in unmittelbarer Nähe der Kirche am Georgsberg und wird weiterhin von der Pfarrersfamilie bewohnt.

Alte Schule

Zu finden: Oberhof

Die erste Schule ließen die Herren von Cramm in Volkersheim um 1600  errichten. Für den Unterricht war hier wie überall der Küster verantwortlich, seine Tätigkeit als Lehrer daher nur im Nebenamt möglich, denn als „Opfermann“ musste er täglich die Glocken läuten, wöchentlich die Kirche reinigen und an der Seite des Pfarrers vielfältige kirchliche Aufgaben verrichten. Der Klassenraum war gleichzeitig Wohnung des Lehrers, Lehr und Lernmittel standen ihm nicht zur Verfügung. Unterricht fand zunächst nur in den Herbst -und Wintermonaten statt, da die Kinder sonst als Arbeitskräfte bei der Landarbeit benötigt wurden. Darüber hinaus schickte man sie nur selten und unregelmäßig zum Unterricht, denn die Familien mussten das Schulgeld selbst aufbringen. Anfang des 18.Jh. kamen noch immer wenige Kinder freiwillig zur Schule, oft nicht vor dem 12. Lebensjahr. Den Eltern war der fehlende Schulzwang nur recht: Sie sparten Schulgeld und behielten die Kinder als willkommene Arbeitskräfte. (H. Bothe)

Das Leben der Lehrer zur damaligen Zeit war ausgesprochen hart. Da sie über kein regelmäßiges Einkommen verfügten, hätten sie sich selbst und ihre Familien ohne Nebenberuf, Land und Vieh nicht ernähren können. Lehrer Peter König, dessen Großvater und Vater bereits die Lehrerstelle in Volkersheim inne hatten, wird 1761 beispielsweise auch als Leineweber im Dorf erwähnt.

Über den baulichen Zustand des zweiten Schulhauses, in dem er schon als Kind lebte, hatte sich schon sein Vater beklagt: Der viele Rauch in meinem Haus ist unerträglich, weil kein Schornstein auf dem Hause ist, sondern nur ein Loch in dem Boden (gemeint ist hier sicher der Dachboden, Anm. d. Red.). Der Wind, der durch die Ziegeln kommt, die nur in Docken liegen, treibt den Rauch zurück ins Haus. Das ist nicht nur gefährlich, sondern auch höchst ungesund." (aus Fr. Freitag, Vom Hainberg zum Weinberg) Bei diesem Haus handelte es sich um ein Bauernhaus mit Diele, Wohn- bzw. Schulstube, Küche und einer Schlafkammer, Viehstall und Lagerraum für Heu und Stroh über der Diele.

Das noch heute stehende Schulhaus in unmittelbarere Nähe zur Kirche ist das dritte seit Bestehen des Volkersheimer Schulwesens. Es wurde 1834 gebaut und war ebenso beengt wie die Vorgängergebäude, zeitweise musste der Lehrer bis zu 100 Kinder in seinen Privaträumen unterrichten. Wohl erst ab dieser Zeit gab es in Volkersheim fachlich ausgebildete Lehrer.

Anstatt ein größeres Schulhaus an anderer Stelle zu errichten und damit die räumliche Enge endgültig zu beseitigen und die Wohnsituation der Lehrersfamilie  zu verbessern, wurden 1886 nur zwei Klassenzimmer und eine Hilfslehrerwohnung an das Schulhaus angebaut. Daher musste man 1950 mit einem dritten Klassenzimmer in den Neubau des Gemeindehauses ausweichen.

Letzter und wohl unvergessener Lehrer in der Volkersheimer Schule war von 1934 bis zum Jahre 1967 Friedrich Freitag, der nicht nur das Schulleben im Ort nachhaltig prägte, sondern auch zahlreiche heimat- und regionalgeschichtliche Bücher und Texte verfasste.

Geschlossen wurde die Schule im Jahr 1972. Seitdem wird das Schulgebäude am Oberhof als privates Wohnhaus genutzt und die Grundschüler des Ortes besuchen die Grundschulen in Bockenem oder Bornum. 

Bergfried

Zu finden: Oberhof

In einer Dorfbeschreibung aus dem Jahre 1761 wird Volkersheim als ein braunschweigisches Gerichtsdorf bezeichnet, in dem die Obergerichte von den beiden dort ansässigen Adelshöfen ausgeübt werden. Hier heißt es auch: Das Gerichtshaus, Bergfrieden genannt, ist von den beiden adeligen Höfen unweit der Kirche neugebaut und von Steinen aufgeführt. Der Name des Gerichtsgebäudes lässt einen hohen wehrhaften Turm innerhalb oder am Rand einer Burganlage erwarten, wie er in der Geschichte des Burgenbaus üblich war und über Jahrhunderte das Bild der europäischen Burgenlandschaft prägte. Sie dienten zum Schutz der innerhalb der Burganlage lebenden Menschen und wurde auch als Wohntürme genutzt. In der frühen Neuzeit galten Bergfriede jedoch auch als ausbruchssichere Aufbewahrungsorte für Gefangene und so ist die Namensgebung für das massive zweigeschossige und in keiner Weise einem Turm ähnelnde Gebäude in der Ortsmitte von Volkersheim sicher zu erklären. Der ehemalige Lehrer Volkersheims, Friedrich Freitag, berichtet in einem 1961 erschienenen Text darüber.

In diesem Gerichtsgebäude befanden sich die Wohnungen der Gerichtsvögte, aber auch Zellen, in die man straffällig gewordene Dorfbewohner sperrte. Das  Halseisen ist, allerdings in einer Nachbildung, noch erhalten, ein Relikt früherer Gerichtspraxis. Zur damaligen Zeit wurde mit Gesetzesbrechern nicht viel Federlesen gemacht! Das Bespucken und Verhöhnen des im Halseisen Eingeschlossenen und körperliche Züchtigung waren die gebräuchlichen Strafen. In einigen Fällen jagte man Verbrecher einfach aus dem Dorf heraus ohne Wiederkehr! (H. Bothe)

Schloss Volkersheim/Rittergut

Zu finden: Steinweg 4

Das Volkersheimer Schloss entstand im Jahre 1774 auf dem Gelände des Unterhofes. Die ursprünglichen Pläne des Bauherren August Adolf von Cramm  für eine symmetrische Anlage mit einem Mittelbau und zwei Flügeln um einen Ehrenhof wurden jedoch nie verwirklicht. Tatsächlich wurden nur die Hälfte des Mittelbaus und ein Flügel realisiert. An der Südseite des Schlosses über dem Haupteingang ist noch heute das von Crammsche Wappen - drei silberne Lilien auf rotem Grund - zu sehen.

Auch in der alten Mauer am Eingang zum Schlosshof, der „Pferdemauer“, ist ein Wappenstein zu finden. Er trägt die Jahreszahl 1793 und gehörte ursprünglich zum Wirtschaftsgebäude des Schlosses. Er zeigt das Wappen von Cramm und  von der Schulenburg. Die Initialen T.F.A.E.v.C. und C.A.C.v.D.S stehen für die Anfangsbuchstaben Theodor Friedrichh Albert Ernst von Cramm, einem Sohn August Adolfs, und seiner Ehefrau Charlotte Adriane Caroline von der Schulenburg.

Im Jahre 1826 brannten bei einem Großfeuer mehrere Wirtschaftsgebäude und ein Teil des Schlosses nieder, wobei das Brauhaus und der Hauptteil an der Südseite verschont blieben. Beim darauf folgenden Wiederaufbau erweiterte man das Schloss auch um einen langgezogenen Nordflügel, so dass das Gebäude von nun an über 36 Zimmer und einen großen Saal im Obergeschoss verfügte.

1904 wurde das Brauhaus abgerissen und der Nordflügel nochmals mit Hilfe eines Anbau vergrößert. Es enstand eine Wagenremise für die Kutschen, in östlicher Richtung ein Schlosspark.

Mit dem Tod des letzten Nachfahren dieser Familie, Albert von Cramm, im Jahre 1885 ging das Rittergut auf die Familie von Gadenstedt über. Auf der aktuellen Website des Rittergutes heißt es über den weiteren Verlauf der Geschichte des Schlosses:

Der Stammsitz der Familie von Gadenstedt befand sich in der Nähe von Peine, in Gadenstedt. Hier besaßen die Gadenstedts bereits einen ritterschaftlichen Grundbesitz.

Seit 1885 bewirtschaftete die Familie beide Güter. Der Hauptsitz der Familie wurde 1889 nach Volkersheim verlegt. Dies blieb bis heute so.

1929 verstarb Albrecht Wilhelm Gustav von Gadenstedt und sein Sohn Burghard übernahm Gut und Schloss. Mit Beginn des zweiten Weltkriegs begann ein trauriges Kapitel für die Familie. Burghard von Gadenstedt fiel in den ersten Kriegsjahren als Soldat in Russland. Seine Frau Annina wurde 1944 von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager Goslar inhaftiert. Sie verstarb 1945 im Alter von 47 Jahren an den Folgen ihrer Inhaftierung. Zusammen hinterließen sie fünf Kinder.

Als 1945 die Amerikaner in Volkersheim einrückten, musste für sie das Schloss geräumt werden. Die Familie von Gadenstedt fand Unterkunft im Inspektorenhaus auf dem Oberhof (das heute nicht mehr existiert, Anm. d. Red.). Nach den Amerikanern zogen Polen in das Schloss, welches nun als Sammellager für polnische Arbeiter diente. Sie hausten wie Vandalen und zerstörten und verbrannten wertvolle Möbel der Familie von Gadenstedt. Nachdem sie das Schloss geräumt hatten, wurde es für die Unterbringung vieler Flüchtlingsfamilien aus Ostdeutschland beschlagnahmt. Aus dem Schloss war eine Notunterkunft für viele Menschen geworden.

Der nun anstehende Erbe Albrecht von Gadenstedt verpachtete das Schloss 1948 an den Landkreis Gandersheim, der dringend Unterbringungsmöglichkeiten für alte Menschen und Flüchtlinge suchte.

1953 kaufte der Landkreis Gandersheim das Schloss mit einigen vorhandenen Wirtschaftsgebäuden.

Gegenwärtig ist das Schloss im Besitz des Deutschen Roten Kreuzes und beherbergt ein Seniorenzentrum.

Der Oberhof blieb bis zum heutigen Datum die Wohn- und Arbeitsstätte der Familie von Gadenstedt und des Rittergutes.


Spuren von historischen Produktionsstätten

Schmiede Sonnemann

Zu finden: Georgsberg

Der Volkersheimer Kirche direkt gegenüber liegt am Georgsberg die ehemalige Schmiede Sonnemann. In ihrer ursprünglichen Funktion wird sie heute natürlich nicht mehr genutzt. Die Einrichtung ist aber zumindest zum Teil erhalten geblieben, was man sehen kann, wenn man einen Blick von außen durch eines der Fenster wirft.

Windmühle          

Zu finden: an der L497 (Zum Bakenrode) Ri. Schlewecke

Die Geschichte der Volkersheimer Mühle lässt sich weit zurückverfolgen. Die erste Bockmühle wurde etwa um 1300 an der Grenze zum nördlich gelegenen Schlewecke errichtet. 1317 wird der Verkauf der Volkersheimer Windmühle an das Godehardikloster in Hildesheim erwähnt, die bis dahin zu gleichen Teilen Ludolf und Siegfried von Cramm gehört hatte. Diese Mühle kehrt später als Lehen wieder in ihren Besitz zurück und sowohl die Volkersheimer als auch die Schlewecker wurden verpflichtet, ihr Korn ausschließlich hier mahlen zu lassen und die Arbeit in Form von steuerlichen Abgaben nach Volkersheim zu entrichten. Da der Betrieb der Mühle stark von Wind und Wetter abhängig war, entbrannte um diesen „Mühlenzwang“ ein heftiger Streit zwischen den Schlewecker Bauern und den Volkersheimer Lehnsherren. Die Bauern wollten ihr Korn lieber in der Wassermühle des benachbarten Werder oder in Bockenem mahlen lassen, um witterungbedingte Wartezeiten von mehreren Tagen oder Wochen zu vermeiden. Als die Flügel der Volkersheimer Mühle im Jahre 1761 bei einem Sturm schweren Schaden nahmen, unterwarfen sich die Schlewecker Bauern nach der Instandsetzung dem Mühlenzwang nicht mehr.

1884 wurde die Mühle an der jetztigen Stelle neu gebaut. Sie blieb mit Unterbrechungen während der beiden Weltkriege bis zum Jahre 1952 in Betrieb und stand längere Zeit unter Denkmalschutz. Als ein orkanartiger Sturm im Verlaufe dieses Jahres einen Schaden im Wert von 8.000 DM verursachte, verweigerte die Denkmalschutzbehörde in Braunschweig eine Reparaturkostenbeteiligung und hob den Denkmalschutz auf. So steht die Mühle nördlich von Volkersheim heute ohne Flügel da. Sie ist über die L497 Richtung Schlewecke zu erreichen und noch immer im Besitz der Schwiegertochter des letzten Mühlenbetreibers.       

Brauerei Bültemann

Zu finden: Hainbergstr.

Die Volkersheimer Brauerei ist lange Geschichte, doch mit dem Spruch Heute wird bekannt gemacht, dass niemand in die Beffer macht, denn Bültemann will brauen ist sie im Ort in Erinnerung geblieben.

Seit Gründung im Jahre 1895 im Besitz der Familie Bülteman, führte August Bültemann sie ab 1909 als Süßbier-Brauerei. Sein Sohn und Nachfolger Wilhelm kehrte nicht aus dem 2.Weltkrieg zurück, weshalb seine Witwe Berta ab 1946 die Leitung des Betriebes bis zur Schließung übernahm.