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Geschichtliches

Rheden ist einer von zwölf Ortsteilen der Stadt Gronau (Leine) und liegt etwa 3 km südöstlich der Kernstadt und am Nordwestrand der Sieben Berge.

Über die tatsächliche „Geburtsstunde“ des Dorfes Rheden und Nachweise erster Siedlungen ist bis heute nichts bekannt, einige archäologische Funde in Form von jungsteinzeitlichen Werkzeugen lassen aber darauf schließen, dass schon im Zeitraum von 4000 bis 1900 vor Chr. Menschen am Westhang der Sieben Berge gelebt haben.

Zur Zeit der sächsischen Könige bestand hier offenbar eine Wallburg, die möglicherweise zum Königshof der bedeutenden Adelsfamilie der Liudolfinger in Brüggen gehörte. Wallburgen wie diese waren Befestigungsanlagen großer sächsischer Herrenhöfe, die der Sicherung und im Falle von Aufständen und Überfällen als Rückzugsmöglichkeit dienten. Die Rhedener Wallburg lag abseits des großen, auch über Brüggen verlaufenden Verkehrsweges von Westen nach Osten (Aachen-Paderborn-Hildesheim-Magdeburg) an einer Nebenstraße oberhalb der Leineniederung und unterhalb der Sieben Berge und war damit relativ sicher und gut zu kontrollieren.

Erstmals erwähnt wird der Ort unter dem Namen Hretha in der ältesten Liste von Besitzübertragungen an das Kloster Corvey bei Höxter, die den Zeitraum der Jahre 822 bis 876 umfasst.  In dieser Zeit überträgt Graf Wichrik, der zu einer der mächtigsten sächsischen Adelsfamilie gehörte, dem Kloster „in Hretha alles, was er dort besitzt". Dieser offenbar größere Grundbesitz blieb jedoch nicht dauerhaft in den Händen des Klosters Corvey, sondern wurde später weitergegeben, vermutlich an die Grafen von Schaumburg, denn diese gaben das „Haus Rheden“ im späten Mittelalter der Familie zu Rheden zu Lehen.

Nach den Ausführungen der Historikerin Dr. Armgard von Reden-Dohna ist die Gründung einer Pfarrkirche in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts sicher belegt. „Sicher hat auch die schützende Wallburg den Ausschlag gegeben, eben Rheden als Ort der neuen Kirche zu bestimmen. Das war kein Einzelfall.“ Die Kirchengründung ist hier wohl in die Amtszeit des Bischofs Altfrid von Hildesheim gefallen, die zwischen 851 und 874 lag.

Bereits 845/46 hatte Bischof Altfrid die Reliquien der Heiligen Cosmas und Damian von Rom zunächst nach Essen und von dort später nach Hildesheim gebracht. Die Zwillingsbrüder Cosmas und Damian wurden vermutlich im 3. Jh. in Syrien geboren, der Legende nach als Ärzte geehrt und starben den Märtyrertod.

Ebenso wie der während seiner Amtszeit im Jahre 872 geweihte Hildesheimer Mariendom wurde zur Zeit Altfrids die Rhedener Kirche diesen beiden Heiligen anvertraut und verband nach Ansicht der Gräfin zu Dohna diese „fortan in besonderer Weise mit dem Hildesheimer Dom", das Patronat lag beim dortigen Domkapitel.

Unter dem Namen Rethum findet das Dorf erstmals 1013 bzw. 1022 in einer Verfügung Bischof Bernwards Erwähnung, in der dieser dem von ihm neu gegründeten Michaeliskloster Einkünfte aus Rheden zuweist.

Tatsächlich kam Rheden im Mittelalter überregionale Bedeutung zu. Neben der von Karl dem Großen gegründeten Missions- und Urpfarrei Elze wurde Rheden in einem abgeteilten Sprengel zur Urpfarrei – sicher deutlich vor der ersten Erwähnung als solcher in einer kaiserlichen Urkunde aus dem Jahre 1068 – und in der Folgezeit zum Archediakonat für die umliegenden Dörfer Wallenstedt, Heinum, Dötzum, Eberholzen, Hönze, Nienstedt, Eitzum, Barfelde, Betheln, Brüggen, Dehnsen, Deinsen, Lübbrechtsen, Lütgenholzen und Empne, das 400 Jahre später in der Stadtgründung Gronau aufging. Die in diesen Dörfern entstehenden Kirchen und Kapellen blieben zunächst von der Rhedener Kirche abhängig. „In Rheden und sonst nirgends im Archediakonatsbezirk fand über Jahrhunderte der feierliche Gottesdienst zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten statt, wurden Taufen und Beerdigungen vorgenommen.“ Der Pfarrer von Rheden, der zugleich Archediakon und Mitglied des Hildesheimer Domkapitels war, konnte sich durch dieses Vorrecht regelmäßiger Einkünfte sicher sein. Gleichzeitig kam ihm als hochrangiger Persönlichkeit die Leitung des zweimal jährlich stattfindenden Sendgerichtes zu, „bei dem die Bauern als Schöffen mitwirkten. Es ging um die Einhaltung guter Sitten, zum Beispiel im Falle einer Beleidigung oder eines Ehebruchs – Angelegenheiten also, die weit über rein kirchliche Belange hinausgingen; dabei kam auch manches Bußgeld ein. Rheden bildete also den Mittelpunkt des weiten Sprengels.“

Der Name der Familie von Rheden taucht 1251 zum ersten Mal auf, ab 1435 findet der ortsansässige Adel, der sich wohl nach dem Dorf benannte, regelmäßig in Lehnsbriefen Erwähnung. Die von Rheden lebten im oberhalb der Kirche gelegenen „Haus Rheden“, einem festen und wehrhaften Anwesen, das durch einen Wassergraben nach außen abgeschirmt war. Unter Heinrich von Rheden wurde die Reformation in Rheden eingeführt, woran ein Epitaph in der Kirche erinnert.

Aus dem vom damaligen Landesherren, dem Herzog von Braunschweig in Auftrag gegebenen Erbregister des Amtes Winzenburg aus dem Jahre 1578 geht hervor, dass sich die Rheden’sche Gerichtsbarkeit zu dieser Zeit auf zwei Herren verteilte, wobei der Adelsfamilie von Rheden das sog. Niedergericht ausübte (vergleichbar mit einer heutigen Gemeindeverwaltung und den Aufgaben eines Amtsgerichtes) und dem der Großteil der Ackerhöfe und Köthner unterstanden, ein kleinerer Teil der Höfe jedoch ausschließlich dem Landesherren unterstand. Dieses Verhältnis veränderte sich in der Folgezeit zunehmend zugunsten des fürstlichen Amtes. Im Zuge der Agrarreform in der Mitte des 19. Jh. wurden das von Rheden’sche Gericht und alte Bindungen der Bauern an den Grundherren abgeschafft. Die Bauern konnten sich durch Geldzahlungen von Diensten und Abgaben an ihren Grundherren lösen und Wald, Weiden und Feldflächen wurden neu zugeschnitten. Die Rhedener Landwirte arbeiteten seit der Reform selbständig und auf eigenes Risiko, es kam zur Gründung einer landwirtschaftlichen Schule in Gronau und dort im Jahre 1868 ebenso zur Entstehung einer Zuckerfabrik, von der die Rhedener Bevölkerung insgesamt profitierte.

Der zweite Weltkrieg und sein Ende bedeuteten für Rheden einen tiefen Einschnitt. Zwar blieb der Ort von Zerstörungen durch Bomben verschont, die ortsansässige Adelsfamilie hatte sich jedoch offen dem Nationalsozialismus zugewandt. „Landesbauernführer und Reichsbäuerin mussten 1945 für einige Jahre in ein Internierungslager gehen. Wer sich im Dorf an ihnen orientiert hatte, wurde 1945 nach hochfliegenden Zielen ernüchtert ...“.

Gleichzeitig fanden viele Flüchtlinge aus Ostpreußen und Schlesien in Rheden eine neue Heimat. „Das Rittergut fing sozusagen alle auf. Es war noch immer der bei weitem wichtigste Arbeitgeber und stellte Wohnraum, später auch Baugrundstücke zur Verfügung.“ Zu den Neuangesiedelten gehörte eine kleine Gruppe von geflüchteten Deutschen aus dem kleinen und aus Einzelhöfen bestehenden Dorf Paulisch bei Neusohl in der Slowakei. Sie suchten und fanden für ihre Familien in Rheden eine neue Bleibe, woran die „Paulischstraße“ im Südwesten des Ortes noch immer erinnert.

Heute teilt Rheden das Schicksal vieler Dörfer des Landkreises Hildesheim. Die Mehrzahl der Berufstätigen des knapp 600 Einwohner zählenden Ortes verdienen ihren Lebensunterhalt außerhalb Rhedens in den Städten des Landkreises oder der Umgebung. Für den täglichen Einkauf und die Nutzung der Bildungsangebote in den Nachbarorten oder des Gemeindemittelpunktes sind sie auf öffentliche Verkehrsmittel oder auf den PKW angewiesen.

Das heute gültige Dorfwappen erhielten die Rhedener übrigens erst kurz vor Beginn des zweiten Weltkrieges im Mai 1939. Es zeigt einen goldzüngigen und geflügelten silbernen Lindwurm auf grünem Grund. Mit der Auswahl dieser Figur wird Bezug genommen auf die außergewöhnliche und reiche Symbolik der Rhedener Kirche, über die hier mehr zu erfahren ist.